Start ins Abenteuer China
Permanente Desinfektion. Im Hotel kurven pausenlos Roboter umher, die Desinfektionsmittel versprühen. Nach dem Mahlzeiten werden die Teller noch auf den Tischen mit einem speziellen Mittel entkeimt. Überall stehen Wachleute rum die aufpassen. «Ja. Es ist schon besonders hier», sagt Melanie Hasler. Doch die junge Frau nimmt es mit Humor. «Es geht uns gut. Ich will mich nicht beklagen». Für sie der wohl schwierigste Fakt: Es gibt jeden Tag Reis zu essen.
Aus der ganzen Welt sind Bobteams angereist nach Yanqing. Die Stadt im Nordwesten von Peking wird Austragungsort der Olympischen Bobrennen sein. Die Schweizer Delegation, bestehend aus drei Männer und zwei Frauenteams, reiste vor drei Wochen an. Im Fokus stand das kennenlernen der Olympia-Bahn. Das Dach ist im Stil der chinesischen Mauer gebaut. Im Starthaus gibt es eine 100-Meter Sprinthalle. Und die Garderoben und Räume im Start- und Zielbereich sind enorm gross. Solch eine Bahn hat es so noch nie gegeben. Dazu meint Hasler: «Die Bahn ist mega cool. Sie liegt mir. Ich bin ein Fan». Täglich durfte sie im futuristischen Eiskanal trainieren – mit Spitzengeschwindigkeiten von über 130 km/h. Anspruchsvoll, mit vielen wechselnden Kurvenkombinaationen und auch sehr schwierigen Abschnitten. Doch die Freiämterin fühlt sich pudelwohl. Das bewies sie an einem Testrennen vor wenigen Tagen. Dort erreicht sie im Monobob – auch eine Olympische Disziplin – den 2. Rang.
Ob das «Bobteam Hasler» an den Olympischen Spielen in Peking vom 4. bis 20. Februar 2022 dabei sein wird, ist noch nicht definitiv. Um sich zu qualifizieren, braucht es starke Resultate in der Weltcupsaison, die Mitte November startet. «Ich bin zuversichtlich, dass es klappt», meint Hasler. Wenn sie so solch gute Resultate schafft wie in der vergangenen Saison, dann wird es reichen. Hasler und alle anderen Bob-Sportler aus der Welt erlebten in den vergangenen Wochen, was sie im Februar erwarten wird. Die internationale Blase wird streng überwacht. Jeden tag gibt es einen PCR-Test. Mehrmals pro Tag wird die Temperatur gemessen. Beim Essen benätigt es Handschuhe. Den riesigen Hotelkomplex darf man nicht verlassen – ausser mit dem Shuttlebus zur Bobbahn und zurück. China setzt seine Null-Covid-Politik strikt durch. An Olympia wird es keine internationalen Zuschauer geben, die Bewegungsfreiheit für Athleten wird extrem eingeschränkt sein. «Schon bei der Ankunft am Flughafen dauerte die Kontrolle über zwei Stunden», erzählt Hasler. Das gesamte Ankunftsterminal wurde eigens für den Flieger, der voll mit Bob-Cracks war, extra für die Sportler hermetisch abgeriegelt. Der Transfer zum Hotel dauerte über zwei Stunden. Und dies mit Polizeieskorte und unter Sperrung aller Strassen (!) von Peking bis Yanqing. Melanie Hasler muss lächeln: «Man gewöhnt sich an vieles. Aber die Umstände hier sind schon besonders».
Melanie Hasler bleibt wie gewohnt gut und locker drauf. Sie ist froh, konnte sie wichtige Erfahrungen sammeln auf der Olympia-Bobbahn. Auch wenn der Geruch von Desinfektionsmittel überall ist und die Rahmenbedingungen gewöhnungsbedürftig sind: Hasler bleibt fokussiert. Ihr Ziel: Die Teilnahme an den Olympischen Spielen. Dann nimmt sie diese skurillen Zustände in China sehr gerne nochmals in Kauf.
Quelle: Stefan Sprenger / Bremgarter Bezirks Anzeiger